Das Museum Burg Golling konnte kürzlich eine historische Fotografie der Gollinger Marktstraße aus dem Jahr 1868 erwerben, bei der es sich um die älteste, bislang bekannte fotografische Ansicht von Golling handelt.

Die Fotografie zeigt die Marktstraße mit einem hölzernen Mautschranken im Vordergrund. Entlang der Marktstraße reihen sich die noch heute bestehenden Gebäude auf, die steinbeschwerte Holzschindeldächer und zumindest in einem Fall einen großen Wetterhahn aufweisen. In der Straßenmitte ist der Straßengraben erkennbar, der bis zum Bau der ersten Kanalisation im Jahr 1910 zur Ableitung sämtlicher Abwässer diente. Hinter den Gebäuden ragt der barocke Zwiebelturm der Pfarrkirche hervor, der im Jahr 1889 durch einen Blitzschlag zerstört und später durch den heutigen, neugotischen Spitzturm ersetzt wurde. Am südlichen Ende der Marktstraße ist das damalige Kaufhaus Nikolaus Dietrich zu sehen, dass sich mit seinem Treppengiebel architektonisch deutlich von den übrigen Gebäuden entlang der Marktstraße abhebt. Im Hintergrund ist als Silhouette der Gipfel des Kratzspitzes im Hagengebirge erkennbar.

Bei der Fotografie handelt es sich um einen so genannten »Albuminabzug«, der als eines der am häufigsten angewandten fotografischen Positivverfahren ab der Mitte des 19. Jh. gilt. Bei diesem Verfahren wird ein sehr dünnes Papier mit dem Protein »Albumin« beschichtet und in einer Silbernitratlösung gebadet, wodurch sich lichtempfindliches Silberchlorid bildet. Das Albuminpapier wird anschließend direkt unter dem Glasplattennegativ unter Sonnenlicht entwickelt, bis alle Teile des Bildes kräftig sichtbar sind. Albuminabzüge weisen meist eine warme, rotbraune Farbgebung auf und zeigen ein sehr kräftiges, feinkörniges Bild, wobei die sehr dünnen Albuminabzüge meist auf Untersatzkartone, z.B. im Kabinettformat, aufgeklebt wurden.

Die Fotografie stammt von dem Fotografen Karl Friedrich Würthle (1820-1902), der im Jahr 1862 gemeinsam mit Gregor Baldi in Salzburg die Fotografische Anstalt »Baldi & Würthle« gründete. Das Unternehmen, welches ab dem Jahr 1866 in der Schwarzstraße ansässig war, war vorallem für Landschafts- und Panoramafotografie bekannt und zählte zu den Pionieren der Bergfotografie. Karl Friedrich Würthle, dessen Fotografien unter anderem auf den Weltausstellungen in Paris und Wien gezeigt wurden, wurde von Kaiser Franz Joseph I. das Goldene Verdienstkreuz mit der Krone verliehen und wurde mit der Fortschrittsmedaille ausgezeichnet. Im Jahr 1874 schied Gregor Baldi aus dem gemeinsamen Unternehmen aus und mit der Beteiligung des Chemikers Hermann Spinnhirn ab dem Jahr 1882 wurde die Fotografische Anstalt in »Würthle & Spinnhirn« umbenannt.

»Die Fotografie stellt eine sehr wichtige Ergänzung der Fotografischen Sammlung des Museum Burg Golling dar und ermöglicht einen interessanten, detailreichen Einblick in die Gollinger Marktstraße vor rund 150 Jahren«, so Museumsleiter Sebastian Krutter, BA MA.